Der Basiskurs Französisch der JS2 durfte am 09. Februar 2023 gemeinsam mit der Klasse 11a ganz besondere Besucher willkommen heißen: fünf Damen und Herren des Vereins „Les amis de Pforzheim“ aus den französischen Vogesengemeinden La Bresse, Cornimont und Ventron. Um zu verstehen, was diese drei Ortschaften mit der Stadt Pforzheim verbindet, muss man sich die Situation des zweiten Weltkrieges (1939-45) vor Augen halten.
1944 wurden von dort nämlich 500 Bewohner von den Nationalsozialisten verschleppt und schließlich in unserer Stadt als Zwangsarbeiter an unterschiedlichen Stellen, auch im Umland, eingesetzt. Ursprünglich wollten die Deutschen damals diese der Zugehörigkeit zur französischen Widerstandsbewegung („Résistance“) verdächtigten Männer, Frauen und Kinder in den Tod nach Ausschwitz-Birkenau schicken. Doch dieser Plan wurde durchkreuzt. Denn der dafür vorgesehene Transportzug wurde selbst bei einem Bombenangriff auf Karlsruhe untauglich gemacht. Notgedrungen schickte die SS die französischen Insassen zur Zwangsarbeit nach Pforzheim, wo ihnen ein etwas milderes Schicksal vorbehalten blieb. Immerhin waren sie dort oft bei Familien untergebracht, wo es ihnen in diesen kriegerischen Tagen vergleichsweise erträglich ging. Gleichwohl: Viele Menschen auch aus dieser Gruppe fielen dem verheerenden Bombenangriff auf die Stadt Pforzheim im Februar 1945 zum Opfer.
Nach dem Krieg gründeten die Überlebenden in ihren französischen Heimatgemeinden den Verein „Les amis de Pforzheim“ und begannen auch hierher zurückzukehren, um beispielsweise ihrer verstorbenen Kameraden zu gedenken. Aber auch die Kontakte zu den Pforzheimern selbst reaktivierten sie. Ein vorsichtiger Annäherungs- und Versöhnungsprozess mit den verfeindeten Deutschen wurde in Gang gebracht. Parallel dazu, erforschten die „Freunde Pforzheims“ und später ihre Nachfahren die tragischen Zusammenhänge rund um die Verschleppung und Zwangsarbeit. Unterstützt wurden sie zunehmend auch von der Stadt, dem Stadtarchiv, und schließlich der hier ansässigen Deutsch-Französischen Gesellschaft (DFG). Bis zum 25. Februar 2023 kann man im Foyer der Stadtbibliothek auf hoch informativen und sehr anschaulich gestalteten Stellwänden die Ergebnisse ihrer Recherchearbeiten studieren.
Die Schülerinnen und Schüler waren seit ihrer Beschäftigung mit der deutsch-französischen Geschichte für die Begegnung mit den „amis de Pforzheim“ sehr gut vorbereitet – und zwar sowohl sprachlich als auch inhaltlich. In der Unterrichtsstunde konnten sie so mit den Nachfahren der Zwangsarbeiter diskutieren und etwas von den Hürden, vom Mut, aber auch von der Dringlich- und Zukunftsträchtigkeit der deutsch-französischen Freundschaft seit ihren Anfängen erahnen. Bevor aus ihr eine politische Bewegung wurde, standen sich ja einfache Menschen, Franzosen und Deutsche, Auge in Auge gegenüber mit dem immer stärker werdenden Wunsch nach Frieden, Verständigung und Freundschaft. Frau Ariane Steglich von der DFG Pforzheim sei von Herzen gedankt, den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu diesem menschlich spannenden Treffen gegeben zu haben.
Thomas Alferi, 09. Februar 2023